Langbogen

Die wohl bekanntest historische Form eines Bogens. Nicht erst seit Robin Hood bekannt.

Der Langbogen stellt wohl die bekannteste Bogenart dar. Spätestens mit den Robin Hood Filmen war diese Art des Bogens so in den Köpfen das man beim Bogenschießen immer an diese Bauform eines Bogens zuerst denkt.
Als Fernwaffe ist der Langbogen schon mindestens seit der Steinzeit bekannt und in Verwendung. Weltweit belegen archäologische Funde die Verbreitung des Langbogens. Vermutlich zur Jagd entwickelt wurde auch das kriegerische Potential dieses Bogens erkannt. So erlangte z.B. das Massaker von Talheim um 5100 v. Chr. traurige Berühmtheit. Hier wurden Pfeilschüsse auf Basis der gefunden Knochen der Opfer belegt. Die frühen Langbögen erreichten eine Pfeilgeschwindigkeit von ca,. 150 bis 160 km/h wie die experimentelle Archäologie ermittelte. Der Langbogen bietet ein sehr gutes Verhältnis von Leistung zu "Herstellungsaufwand". Man benötigte für den Bau weder komplizierte  Techniken und Werkzeuge noch besonders ausgefeilte Materialien oder Materialkompositionen.

Aktuell macht die Forschung rund um die Gletschermumie Ötzi in Bogensportkreisen Schlagzeilen. Bei ihm wurden Bogenutensilien wie z.B. ein Köcher und eine Bogensehne gefunden.

Bauform des Langbogens

Langbogen mit asiatischer Bogenschützin im Wald

Asiatischer Bogenschützin mit einem Langbogen

Unter einem Langbogen versteht man einfach gebogene Bögen, deren Sehne die Innenseite der Wurfarme nicht berühren. Oder ganz einfach: "Ein Holzstock dessen Enden durch eine Sehne verbunden sind."  Ein Langbogen weist daher im aufgespannten Zustand eine charakteristische D-Form auf. Dadurch unterscheiden sich Langbögen auch optisch deutlich von Recurve Bögen. Ihre Wurfarme sind im Gegensatz zu Recurvebögen nicht gebogen.

Im Regelfall aus einem Stück Holz gefertigt kann der klassische Langbogen nicht zerlegt werden. In jüngster Vergangenheit gibt es einige Bogenbauer die jedoch auch zerlegbare Langbögen anbieten.
Das bevorzugte Bogenmaterial für einen Langbogen ist das Eibenholz. Für moderne Langbögen wird als Bogenmaterial auch auf moderne Glas- Holz- und Carbonvarianten zurückgegriffen.

Ein Langbogen wird von ihren Schützen sehr gerne Zusammen mit Holzpfeilen geschossen. In einigen Sportordnungen der Bogensportverbänden ist dies sogar für Verbandsturniere Vorschrift in dieser Bogenklasse. Es entwickelt sich gerade aber auch ein Trend hin zu Carbonpfeilen.

An einem Langbogen wird man im Regelfall auch keinerlei Anbauten wie Stabilisatoren, Visiere oder ähnliches finden. Selbst eine Pfeilauflage oder Shelf sind oft nicht zu finden. In diesen Fällen liegt der Pfeil direkt auf dem Handrücken auf. Die große Länge des Langbogens macht den Bogen gleichzeitig sehr robust. Wird der bogen ausgezogen, biegen sich die Wurfarme im Gegensatz zur Reiter- und Recurvebögen weniger. Die Materialbelastung ist dadurch geringer.

Die Länge des Langbogens variiert über die Zeit. In der Vergangenheit waren die Langbögen nicht selten so lang wie eine Person (bis an ca. 2m). Heutige Langbögen sind tendenziell etwas kürzer (ca. 70 Zoll / 180cm), zählen aber weiterhin mit zu den längsten Bögen im Bogenschießen. Auch das Zuggewicht hat sich über die Jahre nach unten angepasst. Im Mittelalter hatten die Kriegslangbögen nicht selten ein Zuggewicht von 100 bis 140lbs. Hier ist es primär auf die Durchschlagskraft angekommen und gezielt wurde eher weniger. Man schoss dagegen sehr viele Pfeile ab in der Hoffnung mit diesem erzeugten Pfeilregen jemanden auf der anderen Seite zu treffen. Heutige Langbögen haben dagegen eher selten mehr als 50 lbs Zuggewicht.

Varianten und Stilarten des Langbogens

Auch wenn die Bauform des Langbogens gleich ist, haben sich doch verschiedene Varianten des Bogens im Laufe der Zeit entwickelt. Nicht selten geprägt von den regionalen Besonderheiten des Entstehungsortes.

Der englischer Langbogen

Im Mittelalter als Waffe gefürchtet und durch Robin Hood - Filme weltweit bekannt geworden. Der sogenannte "Englische Langbogen". Er stellt den Klassiker unter den Langbögen dar.

Historisch traditionell meist aus einem Stück Eibe oder Ulme gefertigt und mit ausgeprägter D-Form. Zusammen mit über den Handrücken geschossenen Holzpfeilen die Bogenart für viele traditionelle Bogenschützen. Zuggewichte von 100 und mehr Pfund wie man es im Mittelalter hatte, sieht man heute nur noch ganz selten. Im Wettkampfbereich gar nicht mehr.  Die bevorzugte Langbogenbauweise innerhalb Europas für viel Jahrhunderte.

Der amerikanische Flachbogen

In Amerika wurde von den Indianern der so genannte Flachbogen für die Jagd entwickelt. Das im Gegensatz zum klassischen Langbogen stark abgeflachten Griffstück gab dieser Langbogenvariante ihren Namen.  Das abgeflachte Griffstück sorgte für einen verbessert den Halt und ermöglichst auch eine, zumindest rudimentäre, Pfeilablage. Dies ist insbesondere der Präzision des Bogens zugute gekommen. Bei einem Flachbogen sind üblicherweise die Wurfarme mehr breit als dick.

Der Flachbogen ist dabei keine rein amerikanische Entwicklung. Varianten des Flachbogens wurden auch außerhalb des amerikanischen Kontinents gefunden. In Europa gibt es historische Funde aus Dänemark die bezeigen das diese Bauart auch dort zur Jagd verwendet wurde.

Japanischer Langbogen Daikyū mit Bogenschütze

Japanischer Langbogen Daikyū

Der japanischer Daikyū

In Japan hat sich eine besondere Variante des Langbogens entwickelt. Der Daikyū. Dieser Bogen war die Fernkampfwaffe der Samurai. Heute lebt dieser Bogen in der Bogensportdisziplin Kyūdō (Weg des Bogens) weiter. Der Daikyū gilt mit seinem über 2m Länge, je nach lesart, als aktuell längster noch in Gebrauch befindlicher Langbogentyp weltweit. Der Bogen zählt zu den sogenannten Yumi-Bögen, wird aber auch häufig Synonym genannt. Zu den Yumi zählen neben dem Langbogen auch noch der Hankyū (ein Kurzbogen) und der Kago Hankyū (ein noch kleinerer Minaturbogen).

Der Langbogen besteht aus einem Holzkern aus verleimten Bambusschichten und ist teilweise mit Rattan umwickelt. Die Besonderheit des Bogens sind die Wurfarme. Diese Wurfarme sind im Gegensatz zu den anderen Langbogenvarianten, stark asymmetrisch. Der obere Wurfarm ist deutlich länger und anders ausgebaut als der untere Wurfarm. Dadurch befindet sich auch der Griff weit unterhalb der Mitte des Bogens.

Historische Langbögen

Primitivbögen bzw. Self Bows werden heute als historische Langbögen bezeichnet. Es ist eigentlich keine besondere Variante von Langbögen. Es ist eher ein Langbogen der entweder selbst aus Naturmaterialien hergestellt wurde oder sich streng an die Bauweise historischen Vorbildern hält. Insbesondere Langbögen der Steinzeit oder die Vorgänger der englischen Langbögen dienen hier als Vorbild. Eine Besonderheit dieser Bögen ist das diese konsequent aus einem Stück Holz gefertigt sind und weder ausgearbeiteten Griff noch Schussfenster besitzen. Schützen von Primitivbögen legen außerdem auch Wert darauf Holzpfeile zu verwenden und bauen diese nicht selten auch historisch korrekt nach.

Sören Spieckermann
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Veröffentlicht in Grundlagen im Bogensport.